Neulich auf der Autobahn

Sehr zu meinem Leidwesen teile ich derzeit das Schicksal mit 1,5 Millionen deutschen Fernpendlern (so nennt man Pendler, die per definitionem mehr als 50 km zu ihrem Arbeitsplatz zurücklegen müssen) und ich muss täglich ca. 2 Stunden auf der Straße verbringen. Seit geraumer Zeit erfreue ich mich dabei dem Luxus einer Fahrgemeinschaft. Das ist schon ziemlich angenehm, wenn man
a) nicht immer selbst fahren muss
b) auch noch Ablenkung hat vom tristen Stra?enalltag
Jetzt gibt es aber viele Menschen, denen dieses Glück nicht zuteil wird und die suchen sich dann andere Mittel und Wege um die Zeit im Auto möglichst kurzweilig zu gestalten. 
Möglichkeit 1: Berieselung durch das allmorgendliche / allabendliche Radioprogramm. 
Hm, na ja das ist mehr oder weniger spannend. Den einzigen Radiosender, den ich sowieso länger als 1 Woche jeden Tag ertragen kann, ist Bayern 2. Der Rest scheidet komplett aus. Diesen Gute-Laune-Moderatoren von diversen Radiosendern könnte ich einfach meistens nur den Hals umdrehen, außerdem wiederholen sich die Lieder so unsagbar oft, dass sich selbst der schlechteste Song nach einiger Zeit unweigerlich in die Gehirnwindungen einbrennt und die Mischung der Songs ist ziemlich ähnlich und gleich langweilig (ich stehe nun mal nicht so auf DSDS-Gedöhns und die Songs aus den 80ern habe ich auch schon das eine oder andere Mal gehört) 
Möglichkeit 2: Hörbücher hören. 
Das ist auf langen Urlaubsreisen auf jeden Fall sehr zu empfehlen, wenn man alleine im Auto ist. Aber täglich ist das auch problematisch: erstens will ich dann bei besonders spannenden Passagen noch einmal um den Block fahren und nicht in die Arbeit gehen, zweitens geht das ganz schön ins Geld wenn man sich die Hörbücher alle kauft und wenn man sie – wie ich – in der Bibliothek ausleiht auch. Bei der Menge und Höhe an Überziehungsgebühren, die ich bis jetzt gezahlt habe, ist ein Regal mindestens von mir gesponsert!
Möglichkeit 3: Man beschäftigt sich mit den Autofahrern in seiner direkten Umgebung. 
Hier gibt es unterschiedliche Fahrer-Typen. Zum einen die Klugscheißer- oder Lehrer Typen per se und zum andern die Typen, die mit wabernder Hilfsbereitschaft in ihrem Auto sitzen und deren Pawlowscher Speichelfluss sofort aktiviert wird, wenn jemand vor Ihnen ohne Licht fährt oder eine kaputte Glühbirne hat. (Ersterer ist deutlich erkennbar an den demonstrativen Überholmanövern eines Mittelspurfahrers von der linken auf die ganz rechte Spur. Dabei ist es egal, ob der Mittelspurfahrer genau 500 Meter auf die rechte Spur fahren könnte und danach sowieso wieder ausscheren müsste oder ob auf der rechten Spur meilenweit kein Auto zu sehen ist! Zugegeben: ich hasse Mittelspurfahrer auch wie die Pest, aber zum Zwecke des Überholens zweier langsamer Fahrzeuge auf der rechten Spur, die ein bisschen mehr Abstand als Stoßstange an Stoßstange haben, ist das schon in Ordnung.)
Möglichkeit 4: Direkte Interaktion mit bestimmten ausgewählten Autofahrern zum Zweck der Beziehungsanbahnung (= social community von Angesicht zu Angesicht und mal nicht über den PC)
Auch hier gibt es unterschiedliche Verhaltensmöglichkeiten. So deutet die wiederholte Kontaktaufnahme, bei ca. 120 km/h, mit wechselseitigen Überholmanövern durchaus freudiges Interesse an (= typisches Autobahnflirtverhalten). So passiert letzten Freitag auf der Fahrt ins Wochenende. Seit langem hatte ich wieder einmal ein Überhol – Überhol zurück tête-à-tête die ganzen 80 km auf meiner Heimfahrt. Leider hatte ich grad kein Kaffee?-Schild oder ein Schild mit meiner Telefonnummer parat 🙂 Bei mehr als 120 km/h und mit wesentlich näherem Stoßstangenkontakt, in der Regel auf der linken Spur mit allerlei energischen und unhöflichen Handbewegungen beobachtbar: das ich-habe-demnächst-sicher-ein-Magengeschwür-und-bin-der-tolle-Hecht-der-Straße Fahrer.
Na ja, ich für meinen Teil bin froh mich über eine Fahrgemeinschaft erfreuen zu können, auch wenn ich zu frühen Morgenstunden der sozialen Interaktion nicht ganz so zugänglich bin 🙂
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